Tänzer lesen, was nie geschrieben wurde

Sabina Holzer ’10
für „Versehen TANZ IN ALLEN MEDIEN“ Hg. Helmut Ploebst & Nicole Haitzinger
epodium Verlag, München, corpus Wien und die Autorinnen, 2011

KATHY ACKER UND ANNA HALPRIN ODER EINE NEUE FORM DES SCHREIBENS

Ein bestimmter Umgang mit körperlicher Bewegung führt zu ähnlichen Ereignissen wie ein bestimmter Umgang mit Text. Dabei wirken Prozesse, die zu einer Auflösung identitätsstiftender Konzepte führen und eine Umschichtung der hierarchischer Organisationen führen können. Sie eröffnen Möglichkeiten, wie mit der Auflösung etwa dichotomischen Kategorien verfahren werden kann, und unterstützen so unterschiedliche Arten der Begegnung und des Verstehen. Diese Prozesse können zuvor unbekannt Gewesenes offenbaren, bergen aber auch die Gefahr eines Kontrollverlusts. Alle Elemente und Beteiligten an solchen Prozessen tragen das Potenzial in sich fremd zu werden und aus der Reihe zu tanzen.

Sich in der künstlerischen Arbeit auf das Risiko eines Prozesses einzulassen, und der Versuch, ihn als Teil des Produkts zu kommunizieren, ist im Wesen politisch und ein immanentes Plädoyer dafür, mit dem Fremden und Anderen umgehen zu lernen. Die ästhetische Ausformulierung solcher Prozesse kann sehr unterschiedlich sein, sie erfordert jedoch stets ein spezifisches Verhältnis mit dem Materiellen. In diesem Verhältnis treten die KünstlerInnen in einen nicht hierarchischen Kommunikations- und Verhandlungsmodus mit dem Material und reagieren auf die funktionellen Gesetzmässigkeiten, die sie als Teil ihrer künstlerische Praxis formulieren.

Die experimentelle feministische, amerikanische Autorin Kathy Acker (1947 – 1997) entwickelte in ihrer Arbeit eine in hohen Maße dialogische, reflexive Praxis. Die Amerikanerin wurde von einer radikalen Enthierarchisierung im Umgang mit ihrem Material angetrieben. Ihre zentrale Methode war die der Appropriation, der Aneignung existierender Texte, also Werke der Weltliteratur, pornografische Schriften, Filmplots und das eigene Tagebuch. Acker konstruierte ihre Texte nach strengen, selbst erstellten Regeln. Rimbaud, Artaud, de Sade, Bataille und Freud waren wichtige Koordinaten ihres Bezugssystems.[1] Gleichzeitig durchschneiden ihre Texte deren patriachalen Formstrukturen und Diskurse und legen die inneren Konstruktionen ihrer Figuren offen, — als Resultat auf der Suche nach Sprachen, die nicht auf hierarchisierenden Subjekt- Objektbeziehungen beruhen.

Nach ihrem Studium der experimenteller Dichtung am Black Mountain College äußerte sie sich folgendermaßen: „Ich wollte immer Prosa schreiben. Ich suchte also nach Vorbildern für eine Prosa, die poetisch vorgeht. Prosaschriftsteller umreißen die Dinge, bevor sie sie schreiben. Sie schreiben nicht prozesshaft. Das einzige Vorbild, das ich in meiner Umgebung fand, war William S. Burroughs. Er befasste sich damit, wie Politik und Sprache aufeinandertreffen, also mit der Beschaffenheit von Sprache.“

Mit der Beschaffenheit von Sprache beschäftigt sich Acker von dem Standpunkt aus, dass sie als Frau habe keine eigene Sprache besitzt. Daher könne sie sich nur durch den Gebrauch der Sprache der Anderen artikulieren. Und diese Anderen seien entweder Männer, welche die Sprache kontrollieren, oder „Freaks“, – also solche, die keine eigene und allgemein anerkannte Sprache haben. Acker entwendet den Mächtigen die Sprache, drehte und wendete sie, schrieb sie weiter und zerschrieb sie. Solange, bis sie mit denjenigen, die nicht Teil dieser Sprache waren, in Berührung kam.

Vielleicht ist es unvermeidlich, dass eine solche Auseinandersetzung zum Körper führt: „Wenn ich mich auf Reisen zu und in meinen Körper begebe, erfahre ich einen Verlust an Sprache. Ist mein Körper ein fremdes Land für mich? Was ist dieses Bild von meinem Körper, von meinem Ich?“[2]

Der weibliche Körper ist ein Ort, an dem und mit dem Kämpfe um Macht- und Besitzverhältnisse ausgetragen werden. Acker befragte die Figuren und Strukturen der Weltliteratur nach diesen Verhältnissen.
Wenn der Körper nicht in einem Abbildverhältnis zum Text steht, sondern vielmehr durch Sprache konstruiert wird – welche Sprache ist dann das Material der Schriftstellerin?[2] Auf der Suche nach einem Körper außerhalb der patriachalen Definitionen fand sie ihre Anhaltspunkte in Träume und Orgasmen.

Kathy Acker bezeichnete ihr Schreiben „Towards a Literatur of the Body“. Und wollte das, was nicht Teil der gemeinsamen Sprache ist, indirekt beziehungsweise auf Umwegen zum Ausdruck bringen. Das bewirkte nicht nur ein Aufbrechen des konventionellen Erzählens, sondern auch eine Demontage des individual-biographischen Schreibens und somit der Vorstellung vom „eigenen“ Stil. Ihre Texte sind in gewissem Sinn unlesbare Kraftakte, deren Rezeption Gedankenprozesse hervorruft, die jenen ähnlich sind, die beim Tanzen oder beim Sex entstehen können. Das Ergebnis ist Dringlichkeit, Flüchtigkeit, Absurdität von Worten, Klarheit von Aussagesätzen, Schärfe von Konturen, die Empfindung von Struktur, die Flüssigkeit der Bilder, Kehrtwendungen und vermeintlichen Richtungsänderungen, Identitätsverlust, die Bindung an gewisse funktionale Notwendigkeiten (die Schwerkraft bedeutet auch Verletzungsgefahr) und Blackouts (schwarze, uneinsichtige Abgründe, irisierende Lichtpunkte). „Das Physische, das Materielle, das was ist, – und Kathy Acker’s Material ist Text, – ist in permanenter unvorhersehbarer Veränderung.“[3]

Im folgenden findet eine fiktive Begegnung zwischen Kathy Acker und Anna Halprin statt. Diese Zusammenführung von biografischen Fakten, Zitaten und Betrachtungen stellen einen Versuch der Annäherung an die textuellen Bewegung in Kathy Acker’s Schriften.

Anna Halprin (geboren 1920) setzte in den Sixities wesentliche Impulse für die Entwicklung des Postmodernen Tanzes und ist bis heute aktiv. Sie hat über ihren Zugang zum Körper die Basis für ein bestimmtes Verständnis von Tanz und Choreografie geschaffen, das durch eine Abwendung von den vorgefassten, stilisierten Formen und Strukturen des Modernen Tanzes charakterisiert ist. So wie Merce Cunnigham lehnte sie die emotionale Herangehensweise des Modernen Tanzes ab und wollte neue künstlerische Zusammenhänge erforschen. Während Cunningham Zufallsoperationen nützte, um neue Strukturen für den Tanz zu entwickeln, wandte sich Halprin ganz der Improvisation zu und widmete sich der Erforschung des Zusammenspiel von Geist, Psyche und Körper, dem Zusammenspiel unterschiedlicher Bewegungen also. Und zwar nicht zum Zweck der Selbstdarstellung, wie sie sagt, sondern um die Tiefen der körperlichen Imagination auszuloten.

Mit ihren Kenntnissen aus der Anatomie, Physiologie und Kinesiologie entwickelte Halprin ein Tanztraining, dass auf Bewegungsprozessen beruht. An diesem Training beteiligten sich nicht nur Tänzer, sondern Autoren, Bildende Künstler, Musiker und Komponisten, oder einfach Menschen, die Interesse an Bewegung hatten. John Cage war einer von ihnen.[4] Das Besondere an Halprins Methodik war, dass es nicht um die herkömmliche Disziplinierung ging, die meist eine Unterwerfung des Körpers impliziert, sondern um eine Schulung der Aufmerksamkeit.

Kathy Acker und Anna Halprin sind zwei Frauen, die sich beide mit den Verhältnissen zum Material bis zum Äussersten konfrontiert und auseinandergesetzt haben. Kathy Acker tat das 30 Jahre später als Anna Halprin. Zugleich sind sie beide Teil einer rigorosen Denkbewegung des Black Mountain College, Minimal Art, Konzept Art, die Beatpoets, Fluxus in welcher der gesellschaftlichen Status Quo mittels Kunst hinterfragt wurde.

In der fiktiven Begegnung von Kathy Acker und Anna Halprin habe ich mich von einem Statement von David Antin, den Kathy Acker als einer ihrer wichtigsten Mentoren bezeichnete, leiten lassen:

„Du kannst über alles was du willst schreiben. Aber wenn es jemanden auf der Welt gibt, der mehr darüber weiß als du in diesem Moment und es schon in einem Buch steht, gehe in die Bibliothek und stehle es.
Wenn Du eine Idee hast, dich etwas beschäftigt, gehe in die Bibliothek lesen und wenn du etwas findest, das besser ist als das, was du selbst momentan produzieren könntest, verwende es mit. Setzte die verschiedenen Teile zusammen, wie beim Schneiden eines Films. Die einzelnen Teile nicht werden nicht unbedingt zusammenpassen. Du kannst sie aneinander prallen lassen, wie bei einem Autocrash, aber du kannst sie auch etwas verändern.“ [5]

Die Quellen und Referenzen aus denen sich der Text zusammensetzt, werden im Anschluss angegeben.

1
Wie kann es Tänze und Gedichte geben, wenn das politische Verlangen zuerst kommt und drängt?

Wie kann man eine Dynamik zwischen Kampf und Genuss entwickeln?
Ein Bündnis von Handeln und Singen?
Ich habe Fragen. Ich habe keine Antworten. Meine Fragen atmen.

2
Kathy trifft Anna im Washington Square Park. Sie umarmen einander. „Ich muss noch ins Hotel,“ sagt Kathy. „Ich muss mich noch umziehen.“
Anna wiegt sich hin und her und verlagert ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. Erst von links nach rechts, dann von hinten nach vorne, hin und her. Plötzlich beginnt sie zu laufen. Sie dreht sich zu Kathy und ruft ihr zu: „Es gibt zwei Arten mit dem Körper zu arbeiten. Eine ist die, den Körper gedanklich zu informieren. Geist und Ideen geben an, was zu tun ist. Die andere Art ist die, körperlichen Impulse zu folgen und sich von ihnen leiten zu lassen. Siehst du? Das sind die Bewegungen, die ich liebe!“
Im Hotel angekommen, lässt sie sich zu Boden fallen, krabbelt noch ein wenig weiter und legt sich dann am Rücken. Kathy lacht und legt sich zu ihr.

„Ich liebe dich auch.“ sagt sie, wie ein Kind zu seiner Mutter. „Eigentlich bin ich froh, nicht mehr als Stripperin zu arbeiten.“ Sie malt Anna mit der Fingerspitze Buchstaben auf den Unterarm.
Schrift und Körper gehören zusammen. Schreiben soll wie Striptease sein und den Körper enthüllen. Körper sind verletzbar. Ich erforsche Verletzbarkeiten, denkt Kathy und sagt:„Das Training ist echt interessant.“ „Was trainierst du?“ fragt Anna. „Bodybuilding.“ antwortet Kathy.
Anna singt leise vor sich hin. Das Sein hat keinen Sinn, aber das Phänomen des Seins ist der Sinn. Der Sinn ist seinerseits seine eigene Zirkulation. Anna und Kathy sind diese Zirkulation.
Sie schauen sich an.
„Ich weiß,“ sagt Anna zu Kathy. Seit der Krebsoperation hat Kathy keine Brüste mehr. Sie ist eine Amazone, ein leuchtender Engel.

Kathy nimmt ein Buch in die Hand und liest: Kenntnisse aus der Anatomie, Physiologie und Kinesiologie werden Basis für ein Tanztraining, dass auf Körperbewusstsein beruht. Körperbewusstsein bedeutet das Erforschen von inneren Strukturen und Bewegungszusammenhängen, zum Beispiel die Bewegungen der Körperflüssigkeiten.
Sie spürt, dass sie zwischen den Beinen feucht wird und liest weiter:
Halprin verwendet dynamischen Qualitäten, wie schwingen, fallen, gehen, laufen, krabbeln, Sprünge und Gewichtsverlagerungen, Prinzipien der menschlichen Bewegung.

3
Das Wesen von Bewegung: die Ununterscheidbarkeit des Eigenen und des Fremden.

Für das klassische griechische Denken bildet die Kinesis einen Schlüsselbegriff, selbst die Bestimmung des Seins als Unbewegtes nimmt Bezug auf die Bewegung. Kinesis bedeutet allgemein Veränderung, als Ortswechsel, als Anderswerden oder als Zu- und Abnahme. Dabei bedeutet Bewegung zu allererst Selbstbewegung, nicht Bewegtwerden von außen.

Nehmen wir einen Satz wie „Ich bewege mich“, dem einen Satz wie „Ich freue mich“ an die Seite zu stellen ist. Solange wir den Satz mithilfe der geläufigen Schemata von Subjekt und Objekt, von Aktion und Passion interpretieren, scheint die Besonderheit einzig darin zu liegen, dass das Objekt, auf das ich einwirke, nicht etwas oder jemand ist, sondern ich selbst.
Doch Ich und Mich fallen nicht zur Gänze zusammen; zumindest unterscheide ich mich von mir selbst, sofern ich einerseits bewege, andererseits bewegt werde.
Betrachten wir eine alltägliche Bewegung wie das Gehen oder eine unalltägliche Bewegung wie das Tanzen, so sehen wir, wie die Gehende oder die Tanzende an der Bewegung beteiligt sind, wie sie in Gang oder in Schwung kommen, wie sie anhalten oder aufhören, ohne doch die Ausführung der Bewegung willentlich und wissentlich hervorzubringen.
Zum Beispiel: Legen Sie sich auf den Rücken und stellen Sie Ihre Beine auf.
Schenken Sie den kleinen Bewegungen des Brustkorbes und Unterleibes bei jedem Ein- und Ausatmen Ihre Aufmerksamkeit. Breiten Sie die Arme neben ihrem Körper aus und lassen Sie sich in den Boden sinken.
Wie liegt ihr Körper auf? Welche Fläche berühren den Boden? Verspüren Sie Wärme? Kälte? Schenken Sie der Bewegung ihres Atems ihre Aufmerksamkeit. Was bewegt sich? Nehmen Sie die Bewegung war. Nehmen sie möglichst viele dieser kleine Bewegungen und Empfindungen während dem Atmen war. Fixieren Sie nicht ihre Aufmerksamkeit.

Die Luft muss durch Nase und Mund in die Luftröhre, die Bronchien, die Lungen gelangen und von dort wieder ausgestoßen werden, um dem Organismus jederzeit und unter allen Umständen genügend Sauerstoff zuzuführen, solange er lebt. Wird die Atmung im Inneren zerrissen, so kann kein Lebewesen mehr als nur einige Sekunden weiterleben – obwohl wir sonst den Atem minutenlang anhalten können. Die meisten Muskeln des Atmungssystem sind mit der Halswirbelsäule und den Lendenwirbeln verbunden.
Mit jedem Einatmen wird der Kopf leicht angehoben, die Schultern öffnen sich, die Lungenflügel weiten sich und dadurch weitet sich auch der Brustkorb. Das Zwerchfell drückt die Verdauungsorgane leicht nach unten wodurch sich die Bauchdecke dehnt. Dabei wird das untere Ende unserer Wirbelsäule leicht nach hinten gekippt.
Beim Ausatmen wiederum schwingt das Steißbein kaum merklich nach vorne, weil sich das Zwerchfell hebt und den Organen wieder mehr Platz macht. Das Brustbein senkt sich. Der Raum zwischen den Schulterblättern öffnet sich, so dass sich die Schultern leicht nach vorne rollen. Der Nacken streckt sich.

Unser Körper setzt sich aus den selben Elementen zusammen, wie unser Planet Erde. Er besteht aus 70% Salzwasser, die Erde besteht aus 70% Salzwasser.
Die Elemente aus denen unsere Knochen aufgebaut sind, sind dieselben wie die Bestandteile von Steinen. Unsere Herz arbeitet in der selben Weise wie Flüsse, Ströme und Bäche, wie sie bringt es das Wasser zurück zum Meer. Das Herz ist das Meer von unserem Körper. Es ist der Ort, wohin alle Flüssigkeiten des Körpers fließen. Unsere Adern ähneln dem Geäst von Bäumen, unser Atem dem Wind, unser Stoffwechsel dem Feuer. Unsere Zellen erneuern sich. Hautschuppen fallen wie Blätter von den Bäumen.

Das Wunder der leiblichen Bewegung liegt darin, dass eine Phantasie sich organisiert, eine Inkohärenz funktioniert, eine Unordnung Wirkungen entfaltet und das aus einer Kakophonie von Ursachen und Wirkungen eine Gesamtbewegung entsteht. Jede Bewegung ist Tanz.

Tänze repräsentieren, vermitteln und aktualisieren in spezifischer Form Wissen. Sie sind Darstellungs- und Ausdrucksformen von Menschen und ihren Verhältnissen zur Welt und deswegen per se politisch.

4
Im Radio läuft gerade eine Dokumentation. Man hört den Straßenlärm einer Demonstration.

Aus dem Verhältnis von Körper und Bewegung bilden sich rhythmische Figurationen, in denen sich die Dynamik des kollektiven und individuellen Imaginären ausdrückt. Wenn sich der Tanz kulturellen Figurationen zuwendet, bringt er eine gewisse Subversion mit ins Spiel, weil das imaginäre Gedächtnis des Körper diese Figurationen jedes Mal anders formt.

„Etwas ist nicht erst dann politisch, wenn es uns auf der wirtschaftlichen Ebene betrifft“, sagt Anna. „Das Politische betrifft unsere gesellschaftlichen Bilder, unsere Imagination, unsere Emotion.“
„Ich hatte einen Traum“, sagt Kathy. „Ich war in einer Stadt. Dort haben die Faschisten über die Jahrhunderte den Bewegungen Bedeutungscodes zugeschrieben und so ein geheimes Kommunikationsnetz aufgebaut, über das sie sich verständigen. Jede Bewegung ausgehend von einem bestimmten Körperteil soll eine allgemein gültige Bedeutung haben. Für Menschen wie du und ich ist das wie ein permanenter Appell an das Unbewusste.
Seit einiger Zeit verwenden auch Neoliberale diese Sprache. Sie führen die Bewegungen immer weiter, damit ein Sog entsteht. Sie nutzen diesen Bewegungsfluss für eine atemlose Aktivitätsmanipulation. Auch die Linken verwenden seit einiger Zeit diese Sprache. Sie glauben mittlerweile, sie können sich nur so verständlich machen. Und: Sie wollen bei denen mitmachen, die sich als mächtig bezeichnen.“

Anna und Kathy unterhalten sich über Formen, um gegen Gesetze, die von den Mächtigen installiert werden, aufzubegehren.

– Das freie ästhetische Spiel verspricht die Abschaffung des Gegensatzes zwischen Form und Materie, zwischen Aktivität und Passivität. Es ist die Abschaffung des Gegensatzes zwischen einer vollen Menschheit und einer Untermenschheit.

– Man kann die ästhetische Erfahrung durchaus als die eines zweifach abgetrennten Sinnlichen bezeichnen. Es ist abgetrennt vom Gesetz des Verstehens, dass die sinnliche Wahrnehmung seinen Kategorien unterwirft, und vom Gesetz des Begehrens, das unsere Affektionen der Suche nach dem Guten unterwirft. Die durch das ästhetische Urteil aufgegriffene Form ist weder diejenige eines Erkenntnisobjekts, noch diejenige eines Objekts des Begehrens.

– Dann: die drei großen Schichten, die uns betreffen. Das heisst diejenigen, die uns am direktesten binden, also den Organismus, die Signifikanz und die Subjektvierung. Besser gesagt:
1. Du wirst organisiert, du wirst zum Organismus, du musst deinen Körper gliedern – sonst bist du nur entartet.
2. Du wirst Signifikant und Signifikat, Interpret und Interpretierter – sonst bist du nur ein armer Irrer.
3. Du wirst Subjekt und als solches fixiert, Äußerungssubjekt, dass auf ein Aussagesubjekt reduziert wird – sonst bist du nur Penner.

– Überhaupt ist Desartikulation die Eigenschaft der Konsistenzebene und Experimentieren ist die Vorgangsweise auf dieser Ebene (keinen Signifikanten, niemals interpretieren!), das Nomadentum als Bewegung (bewegt euch, selbst auf der Stelle, hört nicht auf euch zu bewegen, Reisen an Ort und Stelle, Entsubjektivierung).

– Was bedeutet desartikulieren, aufzuhören ein Organismus zu sein? Und wie kann man erklären, dass es ganz einfach ist und wir es jeden Tag machen. Und mit der notwendigen Klugheit und der Kunst der Dosierung, und mit der Gefahr der Überdosis.

– Man geht ja nicht mit Hammerschlägen vor, sondern mit einer ganz kleinen Feile. Man erfindet Selbstzerstörungen, die man nicht mit dem Todestrieb verwechseln darf. Den Organismus aufzulösen, hat nie bedeutet sich umzubringen, sondern den Körper für Konnexionen zu öffnen, die ein ganzes Gefüge voraussetzen. Kreisläufe und Konjunktionen, Abstufungen und Schwellen, Übergänge und Intensitätsverteilungen, Territorien und Deterritorialisierungen, die wie von einem Landvermesser vorgenommen werden.

Anna spielt mit Kathys Klitoris, die fast so hart ist wie das Platinkügelchen ihres Vaginalpiercings. Kathy erzählt, als sie das erste Mal mit dem Piercing Motorrad gefahren ist, hatte sie einen Orgasmus nach dem anderen.
Sie bleiben noch ein wenig liegen und zeigen sich Tatoos und Narben. Es sind ihre Glückbringer, ihre Talismanen, wie sie sagen. Dann stehen sie auf, um einen Spaziergang durch die Stadt zu machen.

5
Tatlin entwarf eine Stadt. Tatlin nahm unfassbare Leidenschaft und gab ihr eine Form.
Alles entsteht aus Leidenschaft. Unsere Stadt der Leidenschaft.
Biely wollte mit der Frau seines besten Freundes Alexander Blok, ficken — bis zu ihrem Duell 1906 (das niemals stattfand), dann verließ Biely Russland für ein Jahr. Als Biely diese Leidenschaft beschrieb, konstruierte er Sprache wie ein Gebäude. Wenn Architektur nicht abweisend kalt ist, können Menschen nicht darin leben. Ich muss herausfinden, warum ich so verletzend bin. Merke: Ich verletze wirklich. Eine der Voraussetzungen dieses Verletzens ist, ich bin verliebt in dich.
Eine Stadt in der wir leben könnten.
Was sind die Bausteine dieser Stadt?
Ist Sinnlichkeit weniger Wert als rationales Denken? Gibt es eine Spaltung zwischen Seele und Körper, oder besser zwischen diesen beiden Denkarten? Warum ist ein kubistisches Bild – wenn es eines ist — höhere Kunst als ein Vivienne Westwood-Kleid? Ist unsere Stadt abstrakt?

Literatur sollte nicht nur eine Metapher, sondern eine Metamorphose produzieren. Das Sinnliche, das sie produziert, muss von dem, was unsere tägliche Erfahrung organisiert, verschieden sein. Genauso wie der Käfer im Zimmer von Gregor Samsa vom guten Sohn und dem aufrechten Angestellten Gregor Samsa verschieden ist. Die Melodie Schumanns soll sich mit der Melodie der Erde identifizieren. Ahab soll Zeuge der ersten Natur sein und Bartleby ein Christus, der Vermittler zwischen zwei radikal verschiedenen Ordnungen.
Für all dies muss der Künstler selbst von der anderen Seite kommen. Er muss etwas Starkes erlebt haben, etwas Unerträgliches, eine Erfahrung der ersten Natur, der nichtmenschlichen Natur, von der er, mit geröteten Augen und an seinem Fleisch gezeichnet, zurückkehrt.

„Ich war nicht. Ich hatte keinen Namen. Für mich war Sprache Sein“, sagt Kathy. „Es gab keinen Eingang für mich in die Sprache. Als ein Gefäß, als Gebärmutter, wie Butler argumentiert, konnte in mich eingedrungen werden, aber ich konnte nicht eindringen, und so konnte ich in der Welt weder Bedeutung haben noch schaffen. Ich war unaussprechlich, also lief ich in die Sprache anderer.“
Sie wendet sich zu Anna. Ihre Augen sind geröteten. Anna hatte den Krebs überwunden. In der kantischen Dramaturgie ist es die Erfahrung des Erhabenen, die die Ordnung des Sinnlichen mit der Ordnung des Übersinnlichen konfrontiert.

„Irgendwelche Möglichkeiten gibt es immer.“ kichert Anna. „In den letzten Jahren bevorzuge ich immer öfter das Dramatische. Ich fantasiere, dass ich begehre und weiß, was Begehren ist. So macht es mir die Fantasie möglich zu verstehen. Nicht jede Möglichkeit wird realer Tatbestand. Aber ich kann sie tanzen. Unterscheidet sich so in der normalen Welt das Wissen vom Handeln?“

„Oder ist Tanz die Transkription der Erfahrung des Sinnlichen-Übersinnlichen?“ Kathy kratzt sich am Po. „Deleuze hat die Äußerung einer Transzendenz des Lebens den Namen Sein gegeben. Sie ist die Transkription einer Erfahrung der Heteronomie des Menschlichen in Bezug auf das Leben.“

6
Ein weiterer Traum:
Es ist ein sehr pariserischer Garten hinter dem wir uns verstecken werden. Wir, die Schulmädchen. Wir, mit unseren Peitschen. Wir verstecken uns vor der Aussenwelt, weil wir verletzt worden sind.
Hinter Skelettbäumen mit winzigen Blättern tritt ein Mann heraus, er ist ganz weiß, droht mit der Faust ins Leere, pisst auf die winzigen weißen Gartenkiesel, oh ich bin einsam, geht wieder weg, läuft vorsichtig um den Rasen herum. … Ein anderer Mann taucht auf, mit gerötetem Gesicht, seine Lippen sind rosig und weich wie die eines Babies.
Er besass mich, als wir im Gefängnis eingesperrt waren. Ich bin es nicht. Tausende von Fuchsien umgaben mich: Efeu, Ruß, Dreck, mit ihren nervösen Fingern aus den Blütenblättern von Begonien gemacht, weil sie wissen, dass sie fast nicht mehr existent sind, wie die Spuren von Hüpfkästchen auf einer ausgebombten Großstadtstraße. Der Mann, den ich kenne, kommt mir nahe, aber da sind jetzt Umwege, das hier ist ein Minigolfplatz, … Ein anderer Mann steckt sein Bein durchs Fenster, verwirrtes Gesicht, Handflächen senkrecht ausgestreckt schlagen in die Luft, Schaum tritt aus seinem Mund. „Schweinehunde. Sie haben mich gestohlen.”
Ich denke bei mir: „Ich verstehe, was du sagst”.

Der Mann und ich nehmen uns zusammen ein Hotel. Das Zimmer ist klein. Wir legen uns nebeneinander und blinzeln ab und zu ins Nachtlicht. Ich lege meinen Kopf auf seine Brust. Plötzlich dreht sich die Welt um. Ich habe meinen Talisman gefunden und wünsche mir nichts mehr, als an seiner Seite zu bleiben.

7
Letzte Nacht schlief ich mit einem Maler und verliebte mich in ihn.

Joseph Kosuth: Eine Veränderung initiiert man, in dem man zunächst das Gegenwärtige, insbesondere in seiner Eigenschaft als Schauplatz des eigenen kulturellen Engagements klärt und artikuliert, das heisst sich darüber Bewusstheit verschafft.

Ich war so nervös, weil ich das erste Mal seit einem Jahr mit jemanden schlafe, den ich mag, ich kann nicht sprechen.

Joseph Kosuth: Als Aufgabe der Kunst kann man heute die beiden Seiten der Hermeneutik betrachten: Entmystifizierung und Erneuerung von Bedeutung.

Hart Crane: Leidenschaftlich erregt von einem Lied, das wir nicht behalten können.

Persönliches Sexuelles oder irgendwelche persönlichen Details aus dem Leben werden in einer Kunstzeitschrift nicht erwähnt.

Joseph Kosuth: Philosophisches (theoretisches) Sprechen ist (augenblicklich) die Losung in der Sprache der Kunst. Ein solches Verständnis jedoch zeigt uns gleichzeitig, dass die Sprache der Kunst selbst eine Losung innerhalb jener umfassenden Welt der Signifikanz ist: Jenem Diskurs, der sowohl gesellschaftlich als auch historisch ist. Die Zirkularität, von der man spricht ist die Zirkularität von Sprache, einer Sprache, einer Kultur.

Ich, Auge, ja. Das subjektive Subjekt ist es, das durch physische und psychische Empfindungen wahrnimmt. Das Persönliche, wenn es nicht einschränkt und starr fixiert, sondern wie in Joyce Schriften zum Sehen benutzt wird, ist die eigentliche Sprache oder Beziehung, die sich herstellt.

Nicht absolut definieren, auch wenn Sprache verwirrend ist, sondern sich immer weiter nach außen bewegen.

Hart Crane: Kuss unserer Agonie, die du anhäufst,
O Hand aus Feuer
anhäufst – ]

8
Mallarmé hat behauptet, dass der Tanz so etwas wie eine neue Form des Schreibens sei, dass der Körper des Tänzers „ein von jeglichem Schreibzeug freies Gedicht” schreibt. Daher der Begriff Choreo-graphie, oder Tanz-Schreiben.
Ein wenig bekannter Essay Giorgio Agambens über Tanz, der den Titel „Les corps a venir“ (Der Kommende Körper) trägt, beginnt damit, gegen diese weit verbreitete Metapher Widerspruch einzulegen: Tanz stellt sich hier nicht als Schreiben, sondern als Lesen da. Nur, das der Text, der gelesen wird fehlt, oder besser unlesbar ist. Der Tänzer, um das schöne Bild Hofmannsthals zu bemühen, „liest, was nie geschrieben wurde.”

9
Kathy erzählt:
Wenn wir fragen „Wessen Geschichte ist es (Freuds? Lacans? Oedipus?)?” ist die Antwort schwierig. Aber wenn wir fragen „Was erzeugt die Geschichte?“ ist die Antwort klar. Analog dazu lässt sich mein Projekt der Mythenproduktion verstehen: Ein Mythos ist ein Text, der performativ etwas erzeugen kann: das imaginierte Wunschpublikum, eine internationale Community of Freaks oder – potenziell zumindest – eine andere Gesellschaft.

Eine Möglichkeit, die Arbeit wirksam zu machen, ist die, denke ich, sie von deiner Persönlichkeit durchdringen zu lassen. Wenn Du nicht das Ich bist, aber das Ich Du wirst, musst du das als eine Art Performance darbieten. Als wenn du Schauspielerin wärst. Du spielst dich durch die Romane.
Wenn ich schreibe, werde ich zu den Charakteren des Romans, aber die Charaktere sind nicht ich.

Ich mache zum Beispiel Bodybuilding und das beginnt in meinen Text einzudringen. Im Moment trainiere ich fünf mal täglich. Ich könnte auch auf einen Wettbewerb hin trainieren, aber darum geht es mir nicht.
Ich mache es so ernsthaft, weil ich es liebe. Ich liebe es total. Es lehrt mich eine Menge über das Schreiben, weil es um Konzentration und Bewusstsein geht. Wenn du zum Beispiel mit deinen Beinen arbeitest, gibt es eine bestimmte Übung, die sehr schmerzhaft ist. Als Bodybuilder musst du lernen, diesen Schmerz zu überwinden oder ihn einfach zu durchleben. Sonst schaffst du es nicht. Wohin bewegt sich dein Geist, während dein Körper diese verschiedenen Dinge fühlt? Wie arbeiten Geist und Körper zusammen? Das ist wirklich sehr interessant.

Es ist zu einfach zu sagen, man versucht den Körper zu kontrollieren. Der Körper ist so umfassend, wer kontrolliert ihn? Er ist wie Text. Wenn du schreibst, kontrollierst du dann den Text? Wenn du tatsächlich schreibst, tust du das nicht, du fickst mit ihm.

Was du beim Bodybuilding tust, ist arbeiten bis zum Zusammenbruch. Man sucht sich eine bestimmte Muskelgruppe heraus und arbeitet bis zum Zusammenbruch, erst dann kann ein anderes, neues Zusammenwirken in dieser Muskelgruppe geschehen. Ich denke, man macht genau dasselbe mit einem Text.

Ich glaube, wenn Leute Bodybuilding,Tanzen oder andere körperliche Betätigungen machen, ist eine sehr komplexe Sprache zu Gange. Aber sie ist nicht verbalisiert. Es ist fast unmöglich sie in Worte zu fassen. Darum klingen Tänzer oder Bodybuilder oft naiv oder dumm.
Wie könnte ich diesen Vorgang, diese Sprache beschreiben, die es nicht erlaubt beschrieben zu werden? Und warum erlaubt sie es nicht, beschrieben zu werden? Warum ist diese Tätigkeit, wenn ich sie tue, sehr komplex und ich bin inmitten dieser Sprache. Aber sobald ich aufhöre, ist es vorbei. Ich glaube, beim Sex gibt es dieselbe Sprachbarriere.
Ich will mit diesen Bewegungen der Sprache in Kontakt kommen.
Das ist der Prozess, der mich wirklich interessiert.

Es geht darum, in den Bereich der Wunder einzutreten. Ich langweile mich, wenn das Schreiben zu einfach ist, und man weiß, was passieren wird. Dann denke ich: Warum vergeude ich meine Zeit damit, das zu schreiben? Das ist es nämlich, was ich mit primitiv meine: Du weißt nicht genau, was die Welt ist. Du befindest dich in einer fremden Welt. In den frühen griechischen Sagen ging es immer um fremde Welten. Man hatte einerseits die bekannten Regeln der Stadt – Antigone und der König – und das Schicksal. Und das Schicksal ist unbekannt. So eine Landschaft gefällt mir wesentlich besser. Du kannst dich dort bewegen und frei herumstreifen. Man geht immer irgendwo hin und kommt immer irgendwo an. Man lässt sich überraschen und ist wieder dort, wo mir keine Theorie zu Verfügung steht um darüber zu reden.

10
Kathy und Anna sind am Meer. Im Herz der Dinge. In diesem Dazwischen, in dem sich alles abspielt. Es ist. Und doch ist es weder eine Konsistenz, noch eine Kontinuität. Es führt nicht von einem zum anderen, es bildet keinen Stoff, keinen Zement, keine Brücke. Vielleicht ist nicht mal von einem Band zu sprechen. Nachdenklich schauen sie auf das Meer.

Das Wort pensiero, Gedanke, hat in der italienischen Sprache ursprünglich die Bedeutung von Angst, ängstlichen Ingrimm. Das lateinische Verb pendere, auf das das Wort in den romanischen Sprachen zurückgeht, bedeutet „in der Schwebe sein”.

Anna: „Das Begehren, das der Forschung innewohnt, geht von dem aus das es sucht, und bleibt in gewisser Weise in der Schwebe und ruht erst dann, wenn es gefunden hat, was es suchte und sich mit diesem vereint.”

Kathy: „Denken, in der Sprache, können wir nur deshalb, weil die Sprache unsere Stimme sowohl ist als auch nicht ist. Es gibt ein ausgesetztes Urteil, eine unbeantwortete Frage in der Sprache. Der Gedanke ist die Unentschlossenheit der Stimme in der Sprache. Dass die Sprache die Stimme immer überrascht und vorwegnimmt, dass die Unentschiedenheit der Stimme in der Sprache nie ein Ende hat: das ist das Problem der Philosophie. Wie ein jeder diese Unentschiedenheit auflöst, ist Ethik.”

Anna: „Lass uns einen Raum eröffnen, die Möglichkeit einer Dialektik, ein Begehren, ein Nichtvoraussehen, ein Spiel, das noch nicht aus ist. Ein Stück. Ein Ereignis, eine Situation. Ein kommendes Spiel.“

Kathy: „Ja, legen wir eine Zeit fest, versuchen wir die Zeit anzuhalten. Ich meine, versuchen wir die allgemeine Zeit außer Kraft zu setzen, damit eine andere Zeitlichkeit Raum einnehmen kann. Damit Zeit sich in ihrer flüssigen Vielfalt materialisieren und in Erscheinung treten kann. Damit singuläre Zeiten das Spiel bestimmen können. Ein Spiel von singulären Zeiten. Als wäre der Atem der Dinge erfahrbar, oder ihre Atemlosigkeit. Die Spuren Zwischen den Dingen. Das Nicht-mehr und Noch-nicht.“

Anna: „Wird das Jetzt gezeigt, hat dieses Jetzt schon aufgehört zu sein, in dem es gezeigt wird; das Jetzt, das ist, ist ein anderes als das gezeigte, und wir sehen, dass das Jetzt eben dieses ist, in dem es ist, schon nicht mehr zu sein. Das Jetzt wie es uns gezeigt wird, ist ein gewesenes und dies ist seine Wahrheit, es hat nicht die Wahrheit des Seins. Es ist also doch dies wahr, dass es gewesen ist. Aber was gewesen ist, ist in der Tat kein Wesen, es ist nicht, und um das Sein war es zu tun. Wir sehen also in diesem Aufzeigen nur eine Bewegung und den Verlauf derselben.“

Kathy: „Das Wesen der Bewegung durchdringt das Jetzt. Die Nacht durchdringt den Tag, wie das Begehren das Wort.“

Fussnoten
[1] Ulrike Müller, Kein Land in Sicht; http://um.encore.at

[1] Kathy Acker, Bodies of Work; Serpent’s Tail London 1997, S147

[3] Kathy Acker, Bodies of Work; Serpent’s Tail London 1997, S147

[4] John Cage, Meredith Monk,Trisha Brown, Yvonne Rainer, Simone Forti, Robert Morris waren u.a. TeilnehmerInnen bei Anna Halprin’s legendären Dancers Workshop in San Francisco, bevor sie in New York Judson Dance Theatre Group gründeten. Als Kerngruppe der Judson Dance Theatre Group werden meist Steve Paxton, Trisha Brown, David Gordon, Fred Herko, Alex and Deborah Hay, Yvonne Rainer, Elaine Summers, Trisha Brown, William Davis, Ruth Emerson, Meredith Monk genannt. Das künstlerische Umfeld umfasste allerdings weit mehr und vermischte sich mit Konzeptkünstlern und der Fluxusbewegung. Sie schafften durch einem exzessiven spartenübegreifenden Austausch Möglichkeiten für neue konzeptuelle Grundlagen und Reflexionen im Tanz und Choreografie.

Die Befragung von tradierten Formen in der Kunst in einem Amerika, dass den 2. Weltkrieg nicht im eigenen Land geführt hatte, in dem aber gleichzeitig viele europäische KünstlerInnen im Exil aktiv waren, hatte eine Qualität von Freiheit und ermöglichte eine Experimentierfreudigkeit, an die in Europa nicht mal zu denken war. – Vielleicht war es auch die einzige Möglichkeit in der Fremde als Fremde zu überleben.

[5] http://vimeo.com/4446934
David Antin talking on Kathy Acker (NYU, 2002)

Quellenangabe:
1
– Hélèn Cixous,Weiblichkeit in der Schrift; Merve Verlag Berlin, 1980
2
– Barbara Caspar, Who’s afraid of Kathy Acker; Dokumentarfilm 78min, A / D, 2007
– Anna Halprin, Moving Towards Life; Wesleyan Uiversity Press of New England, Hannover and London, 1995
3
– Gabriele Brandstetter und Christoph Wulf Hrsg,Tanz als Anthropologie; Wilhelm Fink Verlag München, 2007
– Moshé Feldenkrais, Bewußt durch Bewegung; Suhrkamp Verlag GmbH und Co.KG, Berlin, 1978
– Linda Hartley, The Wisdom of the Body Moving; North Atlantic Books Berkeley, California, 1995
4
– Gabriele Brandstetter und Christoph Wulf Hrsg, Tanz als Anthropologie; Wilhelm Fink Verlag München, 2007
– Kathy Acker, Literal Madness; Grove Press New York, 1978
– Jacques Rancière, Ist Kunst widerständig?; Merve Verlag Berlin, 2008
– Kathy Acker, Die Geschichte der Don Quixote. Ein Traum; Willhelm Heyne Verlag München, 1988
– Ulrike Müller, Kein Land in Sicht; http://um.encore.at
6
– Kathy Acker, Ultra light – last minute ex+pop – literatur; Merve Verlag Berlin, 1990
7
– Kathy Acker, Ultra light – last minute ex+pop – literatur; Merve Verlag Berlin, 1990
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– Yvonne Rainer, Luciano Berio, David Kishik, Jean-Luc Nancy, Michel Serres, René Thom, Allesdurchdringung: Texte, Essays, Gespräche über den Tanz; Merve Verlag Berlin, 2007
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– Ulrike Müller, Kein Land in Sicht; http://um.encore.at
– Laurence A. Rickels, Bodybuilding – Interview with Author Kathy Acker; ArtForum 1994, www.artforum.com
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– Yvonne Rainer, Luciano.Berio, David Kishik, Jean-Luc Nancy, Michel Serres, René Thom, Allesdurchdringung: Texte, Essays, Gespräche über den Tanz; Merve Verlag Berlin, 2007
– Georgo Agamben, Die Sprache und der Tod; Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, 2007