DORIS UHLICH MIT „UHLICH"

DORIS UHLICH MIT „UHLICH“ BEI DEN WIENER FESTWOCHEN IM TANZQUARTIER WIEN

Von Sabina Holzer

„Irgendwas stimmt nimma.“ sagt die ältere Frau auf der großen leeren Bühne in der Halle G des Tanzquartier Wien, nachdem sie einige Male auf und ab gegangen ist. Nachdem sie sich vorne am Bühnenrand plazierte, das Publikum betrachtete und ihren hellen Staubmantel ausgezogen hat. Nachdem sie sich, mit ihrem blauen Rock und hellblauem Shirt darunter, langsam drehend von allen Seiten betrachten lies; nachdem sie ihre Uhr ablegte, ihren Körper ausschüttelte und mit ihren Armen schlangenförmige Linien in die Luft zeichnete. „Irgendwas stimmt nimma.“ sagt diese ältere Frau und schreibt mit weißer Kreide, sich vorsichtig vorbeugend und immer wieder aufrichtend, in großen Buchstaben TANSBODEN auf den schwarzen Tanzboden.

Ein kleiner Hinweis auf eine Verschiebung, eine Lücke der Kontrolle, ein umgedrehtes „Z“. Ein Angebot der Komplizenschaft an den Tanz und seiner Kunst der Verdrehung, seinem rhythmisierten Durcheinander, seiner Auflösung und neuen Zusammenführung von Realem und Imaginativen. Und so tanzt in diesem Theater, auf dessen leerem Bühnenraum man nie weiß, was als nächstes passiert, die Zeit. Sie ist aus ihrem funktionellen Regulativ geglitten und Gespenstisches hat, ohne aufheulen zu müssen, seinen freien Lauf.

Was stimmt hier nicht? Man betrachtet gespannt, diese ganz im Hier und Jetzt präsente Persönlichkeit. Diese ältere Frau, die behauptet, es wäre 2041 und sie wäre die junge österreichische Choreografin Doris Uhlich. Von der Im Programmheft steht, sie wäre Doris Uhlichs Mutter; – was sie auch tatsächlich ist. Gertrude Uhlich, das erste Mal in einem abendfüllenden Stück auf der Bühne.

Authentiziät. Projektion. Spiel.

Die Mutter-Tochterbeziehung bietet eine schillernde Projektionsfläche, auf die in der Performance garnicht direkt eingegangen wird. Sie wird hier nicht psychologisch aufgearbeitet oder wiedergegeben. Doris Uhlich choreografiert ihre Mutter Gertrude vielmehr als eine Projektion in eine unbekannte Zukunft. Die achtsam ausgeführten Bewegungen von Gertrude Uhlich, der trocken anarchische Witz, ihre immer wieder durchblitzende, erstaunte Aufmerksamkeit, sich selbst, dem Raum und dem Publikum gegenüber, entfalten sich zu einem unsentimentalen, trickreichen Oszillieren zwischen Authentizität, Projektion und Spiel. Wer gibt hier wessen Worte und Bewegungen wieder? Mutter, Tochter, 30 Jahren später, das Jetzt, – alles ist anwesend in dieser Frau, die immer wieder innehält bevor sie zur nächsten Aktion übergeht. .

Im Rückkoppeln und Ineinanderschieben von Herkunft und Werdegang, von Vergänglichkeit und Wiederkehr, gelingt Doris Uhlich Unabwendbares, das Altern, den Tod nämlich, reflektiv und konkret mit dem Unvorhersehbaren zu verbinden; – der Potentialität des Augenblicks.

Das Unvorhersehbare wird für die Zuschauerinnen dramaturgisch geschickt geleitet. Das vorsichtige Vorlesen eines Textes aus Jaques Derridas „Von der unmöglichen Möglichkeit vom Ereignis zu sprechen“, verweist jedoch zusätzlich, –  trotz der offensichtlich genauen Arbeit und dem gekonnten Handwerk der Choreografin, auf die wesentlichen offenen und ungewissen Momente, die jeder Begegnung zu Grunde liegen. Der Begegnung einer Zusammenarbeit und der Begegnung dieser Arbeit mit einem Publikum.

Doris Uhlich choroegrafiert entlang dieser Offenheit.„Wir haben einiges geplant, aber nicht alles.“ liest Getrude Uhlich als ihre Tochter in 30 Jahren. Und berührt in dieser Verflechtung die ganze Palette von Planung, Vorstellung und Wünschen und deren Realisierung, die immer anders ist. Dabei geht es an diesem Abend nicht nur um individuelle Befindlichkeiten; eine kritische Befragung an der Art und Weise wie gesellschaftlich mit diesem Apparat Zukunft umgegangen wird, ist wie eine Unterströmung die ganze Performance anwesend. Sie tritt auf unterschiedliche Art in Erscheinung: sei es darin einen älteren, gebrechlicheren Frauenkörper in den Tanz zu schicken, sei es in dem Humor, der sich selbst niemals als zu wichtig nimmt, sei es in der Auswahl des choreografischen Materials, in dem jede Handlung einbezogen wird, (z.B.: Gesicht reiben, Haare raufen, Handy zücken und Tastatur drücken) und den kleinen Liedern.

„Morditity for you and me. Die Titanic sinkt in Panic, Aber gut, aber fesch. Und wer sich retten tut, hat zum Untergang keinen Mut“ singt Getrude Uhlich. Und verwandelt zum Abschluß TANSBODEN in AN DEN KEN. Die Verrückung, die Lücke darf im System nicht fehlen, so scheint uns „Uhlich“ sagen zu wollen. Sie wird sich immer Platz machen. Und so wird, ob wir wollen oder nicht, unabwendbar Unvorhersehbares immer stattfinden.

Projektion in eine unbekannte Zukunft

„Irgendetwas stimmt nimma.“ sagt die ältere Frau auf der großen leeren Bühne in der Halle G des Tanzquartier Wien, nachdem sie einige Male auf und ab gegangen ist. Nachdem sie sich vorne am Bühnenrand plazierte, das Publikum betrachtete und ihren hellen Staubmantel ausgezogen hat. Nachdem sie sich, mit ihrem blauen Rock und hellblauem Shirt darunter, langsam drehend von allen Seiten betrachten lies; nachdem sie ihre Uhr ablegte, ihren Körper ausschüttelte und mit ihren Armen schlangenförmige Linien in die Luft zeichnete. „Irgendetwas stimmt nimma.“ sagt diese ältere Frau und schreibt mit weißer Kreide, sich vorsichtig vorbeugend und immer wieder aufrichtend, in großen Buchstaben TANSBODEN auf den schwarzen Tanzboden.

Ein kleiner Hinweis auf eine Verschiebung, eine Lücke der Kontrolle, ein umgedrehtes „Z“. Ein Angebot der Komplizenschaft an den Tanz und seiner Kunst der Verdrehung, seinem rhythmisierten Durcheinander, seiner Auflösung und neuen Zusammenführung von Realem und Imaginativen.

Und so tanzt in diesem Theater, auf dessen leerem Bühnenraum man nie weiß, was als nächstes passiert, die Zeit. Sie ist aus ihrem funktionellen Regulativ geglitten und Gespenstisches hat, ohne aufheulen zu müssen, seinen freien Lauf.
Was stimmt hier nicht? Vielleicht sind es die verschiedenen Projektionsfolien, mit denen man als Zuschauerin probiert die Performance in den Griff zu bekommen. Man betrachtet gespannt, diese ganz im Hier und Jetzt präsente Persönlichkeit. Diese ältere Frau, die behauptet, es wäre 2041 und sie wäre die junge österreichische Choreografin Doris Uhlich. Von der im Programmheft steht, sie wäre Doris Uhlichs Mutter; – was sie auch tatsächlich ist. Gertrude Uhlich, das erste Mal in einem abendfüllenden Stück auf der Bühne.

Mutter-Tochterbeziehung wird hier jedoch nicht psychologisch aufgearbeitet oder wiedergegeben. Doris Uhlich choreografiert ihre Mutter Gertrude vielmehr als eine Projektion in eine unbekannten Zukunft. Die achtsam ausgeführten Bewegungen von Gertrude Uhlich, der trockene anarchische Witz, ihre immer wieder durchblitzende, erstaunte Aufmerksamkeit, sich selbst, dem Raum und dem Publikum gegenüber, entfalten sich zu einem unsentimentalen, trickreichen Oszillieren zwischen Authentizität, Projektion und Spiel. Wer gibt hier wessen Worte und Bewegungen wieder? Mutter, Tochter, 30 Jahren später, das Jetzt, – alles ist anwesend in dieser älteren, jungen Frau.

Im Rückkoppeln und Ineinanderschieben von Herkunft und Werdegang, von Vergänglichkeit und Wiederkehr, gelingt Doris Uhlich Unabwendbares, das Altern, den Tod nämlich, reflektiv und konkret mit dem Unvorhersehbaren zu verbinden; – die Potentialität des Augenblicks.

Das Unvorhersehbare wird für die Zuschauerinnen dramaturgisch geschickt geleitet. Das vorsichtige Vorlesen eines Textes aus Jaques Derridas „Von der unmöglichen Möglichkeit vom Ereignis zu sprechen“, verweist jedoch zusätzlich, – trotz der offensichtlich genauen Arbeit und dem gekonnten Handwerk der Choreografin, auf die wesentlichen offenen und ungewissen Momente, die jeder Begegnung zu Grunde liegen. Der Begegnung einer Zusammenarbeit und der Begegnung dieser Arbeit mit einem Publikum.

Doris Uhlich ist es gelungen Gertrude Uhlich in diese Offenheit zu schicken ohne sie bloß zu stellen. Und Gertrude meistert diese Aufgabe auf beeindruckende Weise. „Morditity for you and me. Die Titanic sinkt in Panic, Aber gut, aber fesch. Und wer sich retten tut, hat zum Untergang keinen Mut“ singt sie, als wäre es ihr Motto. Und verwandelt zum Abschluß TANSBODEN in AN DEN KEN. Die Verrückung, die Lücke darf im System nicht fehlen, so scheint uns „Uhlich“ sagen zu wollen. Sie wird sich immer Platz machen. Und so wird, ob wir wollen oder nicht, unabwendbar Unvorhersehbares immer stattfinden.